25. Arber Radmarathon

Arber? Arber! Da war doch was!!!!

Nachdem ich das Sauerstoffzelt verlassen durfte, war mir als stünde ich fast nackt auf dem Dultplatz in Regensburg. Die Erinnerungen tauchten wie Gestalten aus dem Nebel meines Bewusstseins auf……
Mir war kalt. Die Sonne ging schon auf, konnte aber ihre wärmenden Strahlen noch nicht über den Horizont zu mir schicken. Die 240er Runde war schon lange unterwegs, die 175er Startaufstellung füllte sich bereits mit Leben und vom RVW war weit und breit nichts zu sehen. Ein einsamer Vertreter stand frierend und zitternd am Wegesrand, gleich bei den Sanitätern, die ihr Zelt aufbauten. Es war schon 5 Minuten vor dem Start, als ich einen „Blaugrünen“ erspähte. Aber es war der Falsche. Die, mit denen ich mich verabredet hatte, waren nicht zu sehen. Der Startschuss fiel und ich war am überlegen, ob ich wohl alleine auf die weite Reise gehen sollte. Gerade als ich die überzählige Startnummer einstecken wollte erspähte ich die „Zuspätkommer“. Das ist doch jedes Mal das Gleiche. Irgendeiner drückt sich noch ein „Snickers“ aus dem Rückrad und mit einer gefühlten halben Stunde Rückstand ging es dann dem Feld hinterher.
Bei dem gleichmäßigen surren der Reifen auf dem Teer ließ meine Anspannung nach und der Stress wurde eins zu eins in Vortrieb verwandelt. Die Sonne lächelte mich mit ihren wärmenden Strahlen an: „Das muss ein schöner Tag werden!“ Es ist kaum zu glauben, aber es gab Starter, die noch später losgefahren sind als wir. Sekunde für Sekunde kämpften wir uns an das Peloton heran. Am ersten Berg hatten wir schon das vor uns, was aus dem Peloton gefallen war. Es waren bemerkenswert viele Frühstarter der kleinen Runde, die wir unschwer an den gelben Nummernschildern erkennen konnten. Da fehlte nur noch der Wohnwagen 😉
Weiter ging´s bis zur ersten Verpflegungsstelle bei Kilometer 50. Es beschlich mich der Gedanke, dass vor uns schon ein Schwarm Wanderheuschrecken über diesen Ort hergefallen ist. Wir kratzten die letzten Bissen zusammen, füllten unsere Flaschen auf und zogen von Dannen. So jetzt ist Schluss mit Lustig, jetzt kommen die Berge. Kurz nachdem der Abzweig für die kleine Runde rechts aus meinem Blickfeld verschwand, kam der erste lange Anstieg. Kann es sein, dass ich diesen Anstieg vor zwei Jahren lockerer hochgefahren bin? Selbst der vermeintlich langsamere Teilnehmer unserer Runde konnte locker an meinem Hinterrad bleiben. Aber zu meiner Verteidigung: „er hatte eine 3- fach Kurbel!“ und musste nicht mit Gewalt die Rampen hochdrücken.
Aber das sind alles nur Ausreden. Ich muss mir endlich eingestehen, dass mir dieses Jahr ein paar Trainingseinheiten fehlen. Der „Lance Armstrong“ in unserem Team war eine Frau und ihr Edelhelfer einer, der immer auf dem großen Kettenblatt die Berge hochdrückt. Bei einer Trittfrequenz, die an einem altern Schiffsdiesel erinnert. Nur ein Lanz hat im Standgas weniger Umdrehungen. Bei Kilometer 130 überkam mich der Gedanke, dass es bisher schön war, und wenn es jetzt zu Ende wäre, hätte ich nichts einzuwenden gehabt. Zwischen mir und der letzten Verpflegungsstation lag noch ein gemeiner Anstieg, den ich vom letzten Mal gar nicht so in Erinnerung hatte. Lustig ist, dass es immer die Gleichen sind, die ich am Berg überholt habe. Bergab sind sie dann wieder mit einem Affenzahn an mir vorbeigestochen. Oft auch im Windschatten einer Gruppe von der großen Runde. An der nächsten Steigung fuhr ich dann wieder vorbei. Manchmal musste ich auch kurz anhalten, dann traf ich diese auch an der nächsten Steigung wieder. An der letzten Verpflegung, so etwa 40 km vor dem Ziel riskierte ich noch eine dicke Lippe in dem Bewusstsein, dass „das Schlimmste überstanden sei“. Aber es kam schlimmer. Natürlich wusste ich was jetzt kam: „Die Hatz wurde eröffnet“! (Man hängt sich an eine viel zu schnelle Gruppe in den Windschatten und versucht dranzubleiben.)
Eine Zeit lang konnte ich dem Spiel noch folgen, musste dann aber abreißen lassen. Die schnelleren hinter mir sprangen noch nach vorne um die Lücke zu schließen, bei mir war aber die Luft raus. Nachdem keiner mehr vor fuhr, wurde die Lücke immer größer und der Gegenwind peitschte mir entgegen. Er war dann der Nagel an meinem Sarg. Eine ganze Weile kurbelte ich noch so vor mich hin, bis ich das Bedürfnis verspürte mich umzublicken: „Boh!“ Ungefähr gefühlte 200 Lutscher hingen an meinem Hinterrad und schlugen aus meinem sterben Profit. Eine Welle der Wut und Aggression durchströmte meinen Körper. Ich zog sofort nach links und ließ den Nächsten in der Reihe nach vorn. „…willst Du Dich mit mir unterhalten, weil Du neben mich fährst?“ hat mich dieser gefragt. Natürlich war das ein Spaß, den ich aber zu dem Zeitpunkt nicht verstehen konnte. „Leck mich am A…. und fahr zu!“ schoss es aus mir heraus. Ausgerechnet meinen Lieblingsbanker bekam die geballte Ladung Frust ab. Hier noch mal ein ganz offizielles: „Es war nicht so gemeint!“ Aber eigentlich kennt er ja mein ungezügeltes Mundwerk. Das soll aber keine Ausrede sein. Am Stammtisch wäre diese Bemerkung sicherlich ein Lacher gewesen.
Eine rote Ampel hat mich dann von meinem Lieblingsbanker mit seinem roten Renner getrennt und ich musste mit vielen fremden Radlern weiterfahren.
Irgendwie habe ich dann meine leere Hülle nach Regensburg gebracht und bin fast zeitgleich mit den Anderen angekommen. „Aber Lance tröste Dich, ein Sturz innerhalb der letzten Kilometer wird zeitgleich mit dem Hauptfeld gewertet….“
Am Tag darauf waren meine Beine noch ein wenig wie Wachs, aber: „Ich würde es wieder machen!“

Urs Sportwart

Dietmar:
Tut mir leid, aber den Schweizer habe ich weggelassen.